Die Texte zu »BUFFET« sind dem 1914 in New York erschienenen Buch »Tender Buttons« (Zarte Knöpfe) von Gertrude Stein entnommen - genauer, aus dem Kapitel »Food« (Essen).
Der Sprachwissenschaftler Klaus Reichert schreibt über dieses Buch: »Die Texte gelten als die schwierigsten der Gertrude Stein, als ihre unverständlichsten, experimentellsten, kurz als ihre steinigsten oder steinsten. Man hat sie baren Unsinn genannt oder, umgekehrt, Mandalas.«
Und die Lyrikerin Laura Riding sagt: »…keines der Wörter, die Miss Stein benutzt, hat Geschichte hinter sich. Sie sind nicht älter als der Gebrauch, den sie von ihnen macht.«

Während sich also aus den Stein‘schen Texten das Bedeuten zurückgezogen hat - die Wörter stehen nicht mehr in Funktion für anderes (das Gemeinte etc.), sondern nur noch an sich und für sich - beschreitet die Musik einen gänzlich anderen Weg.

In einer wahrhaft turbulenten »Tour de Force« durch die abendländische(n) Musikgeschichte(n) zitiert sie alles und jedes, was je von Moment zu Moment aus den Tiefen der Erinnerung heraufgespült wird.
Der schöpferische Zugriff, der schon während dieses permanenten und manchmal durchaus enervierenden Vorgangs des Erinnerns dies alles, was ihm in den Sinn kommt, in Echt-Zeit wahllos miteinander verknüpft und in immer neuen Konstellationen arrangiert, bedient sich nun bewußt und höchst lustvoll dieser Vorgänge und verwebt in kunstvoll-geistreicher Kreativität jenes Konvolut an Zitaten zu einem neuen, bis dato »unerhörten« Artefakt.

In der Begegnung mit den enigmatischen Texten der Gertrude Stein entsteht so ein kaleidoskopisches Vexierspiel von Bedeutungen, Umdeutungen und Neudeutungen, ein weites Feld, wo Orte und Zeiten wilde Collagen feiern, ein Markt der Möglichkeiten, eine Phrasendreschmaschine, Mitteilungen an Max über den Stand der Dinge [»Von Herzen - Möge es wieder - zu Herzen gehn.« (Beethoven) / »Durch Lacht zum Nicht« (Lachenmann) / »Ich denke sowieso mit dem Knie« (Beuys)] - doppelbödig delikat, hintergründig amüsant, oberflächlich skurril… - ein Buffet für alle und keinen. Sela.

 

Uraufführung der Erstfassung:
13.11.2005 / Laeisz-Halle Hamburg / Franz-Schubert-Chor / Ltg. Michael Petermann

Plakatgestaltung: 
Wolfgang Knuth 
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